Wir haben bereits erfahren: Das Seabord ist der erste Controller, der einen Klaviatur-Form-Faktor enthält. Das heißt, wir sehen das Muster einer Klaviatur auf der Bedienoberfläche.
Aber wir drücken keine Tasten als Hebel. Denn die Oberfläche ist aus Silikon. Wir drücken und streichen über Erhebungen und Senkungen, die so genannten Keywaves, also Wellen. Unter der Oberfläche befinden sich zahlreiche Sensoren. Sie ermöglichen ein 5-dimensionales Spiel, dessen einzelne Dimensionen im folgenden Video anschaulich erläutert werden:
Das sieht doch zumindest schon wieder aus wie das Spiel auf einer Klaviatur. Die Macher des Seaboards bewerben die Neuerung als die Zukunft des Keyboards. Das ist es sicher nicht. Denn:
Falls also bei der Entwicklung des Seaboards die Zielgruppe Klavierspieler und Keyboarder waren, dann wurde das Ziel verfehlt. Wer sich ein Seaboard gekauft hat, ärgert sich wegen der zumindest anfangs hohen Fehlerquote. Daher hier der Tipp für all jene, die es dennoch ausprobieren wollen: Sie können das Seaboard mieten. Aber im Zusammenhang mit der Promotion des Seaboards wurden umfangreiche Video-Anleitungen erstellt, die man unter ROLI Education im Youtube-Kanal von ROLI findet. Die sind es wert, genauer studiert zu werden. Schließlich geht es darum, sich neue Möglichkeiten im Umgang mit Sensor-Oberflächen zu erschließen.
Sucht man musikalische Beispiele des Seaboards im Netz, so findet man einige sehr erstaunliche Videos. Es handelt sich in jedem Fall um Profis, die für eine entsprechende Einarbeitung vom Hersteller des Seaboards beauftragt und bezahlt worden sind. In der folgenden Aufnahme von einer Musikmesse in USA demonstriert Cory Henry, der Jazz-Organist und -Pianist ist, dass er nicht nur ein Multi-Tasteninstrumente-Spieler sondern auch ein sensibler Multi-Instrumentalist ist, denn er spielt im Rahmen einer Jam-Session mit einem Schlagzeuger auf dem Seaboard die Rolle eines Bassisten:
Das Video über diesem Text zeigt ein Beispiel für das bereits angesprochene aggressive MEM der Hersteller von Tasteninstrumenten, nämlich Klänge anderer Instrumente verfügbar und diese dem 10-Finger-Spiel zugänglich zu machen. Hier wird ein Bass vom Seaboard imitiert. Und genau für diese Leistung steht auch das Seabaord, nämlich andere Instrumente perfekt nachahmen zu können - außer dem Klavier. Für ein Instrument mit Klaviatur-Form-Faktor ist das der eindeutige Beweis, dass es sich eben nur um eine Form aber keine wirkliche Klaviatur handelt. Eine Vielzahl von bereits im Internet verfügbaren Videos mit dem Seaboard beweisen den hohen Grad der Perfektion in der Nachahmung der Spiel- und Klangweisen anderer Instrumente.
Im nächsten Video von 2016 im Rahmen der NAMM Show demonstriert der Keyboarder Heen Wah den neuen Trend, dass wir uns in Zukunft nicht mehr auf passive Musikkonsumenten reduzieren lassen, sondern stattdessen Musik zunehmend selbst machen werden - und zwar die eigene Musik! Dazu bedient sich Heen Wah nicht nur des Seaboards, um damit möglichst vielfältige Klangmuster einspielen zu können, sondern er nutzt eine so genannte Loop-Station, mit der er Schleifen (Loops) einspielen und abspielen lassen kann:
In der folgenden Aufzeichnung eines Stücks namens Lingus von 2015 zeigt Cory Henry erneut, über welch außergewöhnliche Fähigkeiten er verfügt, wenn er wie hier gleichzeitig mit der linken Hand einen akustischen Flügel und mit der rechten Hand ein Seaboard spielt - und zwar eine identische Tonfolge in hohem Tempo! Außergewöhnlich daran ist, dass die beiden Instrumente zwar eine identische Struktur, jedoch bedeutende Unterschiede in der Bedienoberfläche und damit verbunden auch im Krafeinsatz aufweisen, wie ich es auf dieser Seite oben beschrieben habe: