Die Keyvolution nimmt Fahrt auf

Was meint das Wort Keyvolution eigentlich? Als Key bezeichnet man im Englischen die Taste. Die Taste erfährt aktuell ihren nächsten Entwicklungsschritt. Hier muss man kurz innehalten. Denn das ist doch eine Sensation! Stellen Sie sich einmal vor, welche Entwicklung die Erfindung der Taste und nachfolgend der Tasteninstrumente in der Musik ausgelöst hat! Und nun soll dieses sensible Werkzeug, die Taste, den nächsten Entwicklungsschritt erfahren? Was kann man an einer Taste noch verbessern?

Grundsätzlich kann man das, was sich bislang bewährt hat, mit zeitgemäßen Technologien ausstatten und darüber die Funktionalität erweitern. Was heißt das in unserem Fall konkret? Die Tasten bekommen Sensoren, also Messfühler. Die Taste wird demnach gefühlvoller, das Musizieren könnte sinnlicher werden. Konkret heißt das, man kann die Taste nicht mehr ausschließlich dafür verwenden, durch das Drücken der Taste einen Ton zu erzeugen, sowie durch das Loslassen der Taste den Ton zu beenden. In Zukunft sollen Fingerbewegungen auf bzw. Bewegungen mit der Taste selbst dazu beitragen, all die Lücken in der Gestaltung des musikalischen Ausdrucks zu schließen, die bislang vor allem bei einem Tasteninstrument noch bestehen. Sie fragen erregt: Welche Lücken? Das wären

  • zuerst einmal all die Töne zwischen zwei Tasten, also die Zwischentöne. Das ist der Bereich der Gestaltung der Tonhöhen, den man normalerweise Intonation nennt.
  • Dann die Steigerung vom Legato zum Gleiten über mehrere Töne.
  • Effekte wie das längst bekannte und von vielen hochrangigen Pianisten durch teils peinliche Verrenkungen körpersprachlich übermittelte Vibrato.
  • Das Verändern des Klangs - von weich zu hart, also von romantisch zu brillant, oder gar vom Klavierklang zu einem ganz anderen Sound.
  • Etc.

Sie werfen nicht weniger erregt ein: Was hat denn das noch mit einem KLAVIER zu tun? Danke. Sie haben das Problem erfasst. Denn unser Klavier ist per Definition (in der Ableitung von dem lateinischen Wort Clavis, der Schlüssel, gemeint ist die Taste!) eben lediglich ein Tasteninstrument. Am Ende der Taste hat sich in dem speziellen Fall, der Sie hier erregt, also dem so genannten Klavier eine Hammermechanik entwickelt, die das Inststrument zuerst namentlich als Hammerklavier, also ein Tasteninstrument mit Hämmern, die gegen Saiten schlagen, gekennzeichnet und definiert hat. Die Taste als das wesentliche Element der Bedienoberfläche, die wir Klaviatur nennen, wurde bereits 246 vor Christus von dem griechischen Techniker Ktesibios in Verbindung mit der Wasserorgel erfunden. Wie eingangs erwähnt geht es um Evolution, also um Entwicklung. Ein völlig normaler Vorgang, der sich seit dem Urknall immer wieder vollzieht. Freuen wir uns also darüber, dass wir mit der Erweiterung der Funktionalität der Taste bzw. allgemein formuliert der Bedienoberfläche sogar eines derart komplexen Musikinstruments endlich den umfassenden Spielraum für den Ausdruck unserer äußerst wertvollen Gefühlswelt erhalten, die letztlich der Schlüssel für eine hohe Lebensqualität ist. Kommen Sie mit! Im folgenden berichte ich Ihnen von den Höhepunkten meiner persönlichen Entdeckungsreise:

Nach den ersten Erfahrungen mit dem Seaboard mit seinen feststehenden Wellen in der Oberfläche aus Silikon war klar, dass die Bedienoberfläche dieser neuen Instrumente dem Spielgefühl der bereits bekannten Klaviatur mit Tasten als Hebel möglichst nahe kommen muss, um eine echte Chance zu erhalten. Und prompt entdeckte ich die gerade entwickelten Touchkeys.

Touchkeys bieten neuen Spielraum

Die Touchkeys sind Sensoren, die auf die Tastenoberfläche aufgeklebt und über die Schnittstelle MIDI mit einem Computer verbunden werden können. Die Abkürzung MIDI bedeutet Musical Instrument Digital Interface und ist somit die Schnittstelle zwischen Musikinstrumenten und der digitalen Welt. An den Computer werden über diese Schnittstelle Steuersignale gesendet und Klänge sowie Effekte abgerufen. Die Touchkeys wurden an einer englischen Universität von Andrew McPherson entwickelt und anschließend auch vermarktet. Was ich nicht wusste, war die Tatsache, dass McPherson erstmal sein eigenes MPE entwickelt und umgesetzt hatte. Und was ich dann sehr schnell herausfand, war die Tatsache, dass das Versprechen, dass man beliebig einstellbare Features für jede Taste getrennt auslösen kann, nicht zutraf. Als ich mich mit einem Hilferuf an Andrew wandte, bekam ich auch gleich eine Antwort...

Exkurs: Was ich im folgenden erlebte, fasse ich für Sie zusammen, damit wir das Wesentliche verstehen. Denn grundsätzlich geht es bei der aktuellen technologischen Entwicklung um einen Schritt, der die Musik im Kern bewegen wird.

Bestimmte Eigenschaften waren für einige Instrumente schon immer möglich. Als Komponist konnte schon Johann Sebastian Bach mit Klängen spielen, indem er seine Kompositionen entsprechend instrumentierte. Die Vielfalt der Klänge aller Instrumente sowie die grenzenlose Welt des Sounddesigns ist heute in hoher Qualität zu bezahlbaren Preisen verfügbar. Aber z.B. der flexible Umgang mit Klängen, der Einsatz von Effekten, das Gestalten der Tonabstände mittels Intonation und vieles mehr war bislang live nur eingeschränkt möglich. So hatten viele Keyboards und Synthesizer schon lange auf der linken Seite ein Pitch- sowie ein Modulation-Wheel. Damit konnte man mit der linken Hand intonieren sowie den Klang beeinflussen oder einen Effekt auslösen. Doch um das Nutzen zu können, war man auf das Einhandspiel angewiesen. Im folgenden Video sehen Sie eine Vorführung dieses Spiel-Stils von der japanischen Jazz-Pianistin Hiromi Uehara anfang 2000 live gespielt auf einem Nord Lead 2 Synthesizer des schwedischen Herstellers Nord. Dieser Synthesizer unterscheidet sich von den Produkten der Mitbewerber insofern, als er einen Pitch-Stick hat, den man seitlich verschiebt, wie Sie im Video sehen können.

Doch da von den meisten Keyboardern das Einhandspiel kategorisch abgelehnt wurde, erweiterten nur wenige mit diesen neuen Möglichkeiten ihre musikalische Erfahrung. Folglich blieb dieses Feld bestehend aus Soundgestaltung sowie dem Einsatz von Effekten weitgehend im Bereich der Sehnsucht von Musikern. Das Manko der Live-Verfügbarkeit bot den Software-Herstellern Raum, diese Möglichkeiten wenigstens NACH der Einspielung und somit in der NACHBEARBEITUNG nutzbar zu machen. Das Fehlen der Live-Verfügbarkeit, also die Unmmöglichkeit des Einsatzes dieser Elemente in Echtzeit ist quasi das Kapital Hersteller sogenannter Digital Audio Workstations (DAW). Ein großer Namen einer weit verbreiteten Plattform für die Musikproduktion, der gleichzeitig Weltmarktführer in der Herstellung von Akustikpianos sowie Hybridpianos wurde, ist der japanische Konzern Yamaha, und die DAW heißt Cubase. Der Hersteller von Cubase heißt zwar Steinberg Media Technologies und war ursprünglich eine deutsche Firma, deren Firmenanschrift immer noch Hamburg lautet. Doch Steinberg ist seit 2004 ein Tochterunternehmen von Yamaha.

Die Techniker von Yamaha sind Mitglieder des Gremiums, das beschloss, MIDI auf dem Stand von 1983 durch MIDI 2.0 zu aktualisieren. Trotzdem muss sich der japanische Konzern auf jeder NAMM Show, der weltweit größten Messe der Musikindustrie, fragen lassen, warum Yamaha in seinen digitalen Instrumenten (2025 immer noch) keine Leistungsmerkmale des Standards MIDI Polyphonic Expression (MPE) integriert hat.

Die bislang ausstehende Antwort der Japaner ist eigentlich nachvollziehbar: Yamaha hat 100 Jahre gebraucht, um das schier unmögliche Ziel des Weltmarktführers in der Herstellung von Akustikpianos zu erreichen. Gleichzeitig wurde Kawai Technologieführer bei den Hybridpianos. Auf dem Höhepunkt dieser Karriere wurden sie finanziell reichhaltig belohnt, da ihnen der Geniestreich des Marketings schlechthin gelungen ist, indem sie ihre Produktion zum richtigen Zeitpunkt extrem hochgefahren haben und gleichzeitig in den Produkten immer noch besser geworden sind, was dazu geführt hat, dass Yamaha und Kawai gemeinsam annähernd den gesamten Bedarf des Klavierhypes in China abdecken konnten. Selbstverständlich verfolgt man in Japan nun den Gedanken, wie man diesen Weg (z.B. in Indien) fortsetzen kann - und nicht, wie man ihn ebenso radikal wie die Chinesen beendet. Daher haben die Japaner kein Interesse, ausgerechnet auf dem Höhepunkt ihrer Firmenkarriere die Entwicklung zu unterstützen, die eine neue Epoche von Instrumenten mit den von Musikern längst ersehnten Leistungsmerkmalen einläutet. Das verdeutlicht, wie tief der Schock bei den Japanern sitzen muss, den sie aktuell durch das Ende des Klavierbooms in China erlitten haben. Das Leben ist bekanntlich eine Übung des Loslassens. Das heißt, jetzt wäre die Gelegenheit, den nächsten Schritt im Sinne des Mantras zu gehen, das für die gesamte großartige Entwicklung der japanischen Industrie gilt: Aus tiefster Überzeugung hinter der Entwicklung ZEITGEMÄSSER Technologien stehen! Das war zum Zeitpunkt der Gründung von Yamaha 1887 bei den Musikinstrumenten das Pianoforte. Schon am Anfang war es eine Vision, die dem Unternehmen Antrieb gab. Tatsächlich entwickelte der Gründer, Torakusu Yamaha (1851 - 1916), zuerst Harmonien mit dem Ziel, jede Grundschule damit auszustattten. Aufgrund von Analysen zu den zeitgemäßen Musiktechnologien, und das heißt, zu der Technologie mit dem meisten Entwicklungspotenzial für die Zukunft, konzentrierten sich die Japaner erst 1900 auf die Produktion von Klavieren und Flügeln. Doch die neue Entwicklung in der Keyvolution, MIDI Polyphonic Expression (MPE), ist bereits seit Ende des 20. Jahrhunderts auf dem Markt, wie Sie auf dieser Seite erfahren werden. Mit anderen Worten: Yamaha stagniert aufgrund der starken industriellen Entwicklung, die der Klavierbau in den Fabriken in Japan (Seriennummern über 6 Millionen) und Indonesien (Seriennummern über 40 Millionen) genommen hat. Hintergrund für den dazu passenden Markt war die politische Entscheidung in China, den Musikmarkt massiv zu subventionieren. Dieser Beschluss der chinesischen Regierung wurde von ihr 2018 korrigiert.

Gleichzeitig besteht damit die vermutlich einmalige Gelegenheit und darüber hinaus genau genommen vor allem die Notwendigkeit für die deutschen Klavierbauer, gegenüber den Japanern einen gigantischen technologischen Rückstand aufzuholen. Denn die einstmals großen Namen aus Deutschland haben sich freiwillig (!) und ohne Not von der Entwicklung der Hybridpianos abgemeldet, um für die vergangenen 30 Jahre die gesamte Entwicklung UND Vermarktung komplett den japanischen Firmen Kawai und Yamaha zu überlassen. Das heißt, die Japaner konnten eigenverantwortlich und ungestört von Mitbewerbern aus einer kleinen, unbedeutenden Nische den exklusiven Geschäftsbereich der Hybridpianos mit Mehrwerttechnologien entwickeln. Zum Höhepunkt der Geschichte des japanischen Klavierbaus gehört 2007 der Kauf von Bösendorfer. Mit einem Schlag waren die japanischen Visionäre mit ihrer Hybridtechnologie im Establishment angekommen: Das nötige Kleingeld vorausgesetzt kann man heute einen Bösendorfer-Flügel aus Wien mit digitaler Spitzentechnologie aus Japan kaufen. Das aktuelle Zögern der Japaner aufgrund der Krise im weltweiten Klaviergeschäft bietet zumindest theoretisch die Chance, technologisch wieder Anschluss an die Gegenwart zu bekommen. Aber ganz ehrlich: Dass deutsche Klavierbauer noch einmal von ihrem Sterbebett springen, ist meiner Ansicht nach nicht zu erwarten. Der Markt für Akustikpianos mit einer Lebensdauer von weit über 100 Jahre ist gesättigt. Ein Geschäft lässt sich aktuell nur mit Hybridtechnologien machen. Oder man hat neue innovative Ideen. Mein Appell ist eher an deutsche Musiker gerichtet. Denn z.B. die französische Firma Expressive E, die hinter der Entwicklung, Produktion, Verbreitung und Vermarktung zuerst von Touché und dann des nun schon vielerorts bekannten MPE Synthesizers Osmose steht, ist aus dem Bedürfnis einiger Musiker entstanden, neue Entwicklungen durch Eigeninitiative aktiv zu unterstützen.

Eine ähnliche Geschichte steht hinter Roland Lamb, dem Gründer der Firma Roli. Nach seinem Studium als Jazz-Pianist entschied er sich für ein Aufbaustudium im Produktdesign einer Hochschule in England, die 2019 zur besten der Welt gekürt wurde. Als Folge davon überraschte er die Musikwelt mit dem Seaboard, war 2020 am Durchbruch von MPE als Standard für Ausdruck in MIDI 2.0 wesentlich beteiligt, und zeigt mit Airwave als räumliche Dimension des Musizierens, das die Welt noch einiges von Roli erwarten darf.

Worum also geht es? Im Kern geht es darum, dass mit der aktuellen technologischen Entwicklung der Musiker endlich die Freiheit bekommt, über alle möglichen Eigenschaften live und somit unmittelbar beim Musizieren zu verfügen. Konkret kann er die einzelnen Elemente der Grammatik der Musik direkt über seine Finger steuern. Dieser gigantische Fortschritt wird bislang oftmals noch behindert, wenn Anbieter, in der Regel Technologie-Insider, vom normalen Anwender einen vergleichsweise ähnlich hohen technischen Kenntnisstand erwarten, der in der Regel eben nicht gegeben und fürs Musizieren auch keine Voraussetzung ist. Die Gewinner in dem nun einsetzenden Wettrennen um Marktanteile werden all diese Probleme im Vorfeld ausräumen und ein Produkt anbieten, das möglichst einfach zu bedienen ist. Alles andere sind Verrücktheiten eines Möchtegern-Marketings. Wie es mit meiner persönlichen Erfahrung weiterging, lesen Sie nachfolgend.

Fortsetzung: Die Antwort des kompenten und sehr freundlichen Andrew McPherson besagte, ich müsste so genannte Expression-Maps in der von mir genutzen Audio-Software anlegen, und darüber für jede Taste die einzelnen Features festlegen. Seitdem habe ich mich dann mit Expression-Maps beschäftigt, die zwar in Cubase angeboten werden, aber ich habe auch bei keiner Fortbildung auch nur einen Teilnehmer erlebt, der zwar an dem Thema interessiert war, jedoch bei den Expression-Maps nicht abgewinkt hätte. Wird im Rahmen von Cubase-Tutorials überhaupt mal über die Expression-Maps referiert, dann erfolgt von mehreren Teilnehmern im Chat der Kommentar, dass dieses Feature für sie völlig neu ist und sie es logischerweise noch nie eingesetzt haben. Tatsache ist, dass die französische Firma Expressive-E das MPE-Werkzeug Touché mit Maps für alle gängigen Digital Audio Workstations (DAW) und somit nutzungsfertig ab dem 1. Tag der Lieferung zur Verfügung stellt. Da man im Werbevideo eine funktionsfähige Variante einsetzt, kann man die zu erwartende Leistung dieser MIDI-Controller in Verbindung mit dem neuen Standard für den musikalischen Ausdruck MPE sehen und hören.

Aber das half mir auch nicht weiter, denn mein Hersteller der Touchkeys bot mir nicht an, die notwendigen Maps für die von mir genutzte DAW bereitzustellen. Das kann passieren, wenn eine Technologie noch nicht wirklich marktgerecht aufbereitet und angeboten wird. Oder anders formuliert: Ich war (wieder einmal) zu früh dran.

Modulares MPE-Keyboard Lumi inklusive Lernschule

Vom Seabaord her ist uns der Anbieter Roli bekannt. Roli hatte wieder einmal ein gutes Gespür für Entwicklungen, die unmittelbar vor dem Durchbruch stehen. Und so entwickelte man eine digitale Lernschule. Möglicherweise flossen in dieses Konzept die Erfahrungen vom Seaboard mit ein. Denn man entwickelte nicht nur eine Lernschule, sondern dazu passend modulare Keyboards von 2-Oktaven-Umfang, die man mittels Magneten miteinander oder auch mit so genannten Blocks (Steuererlementen) verbinden kann. Die Tasten dieser Keyboards haben eine eigens entwickelte Leuchttastenschule, die über das bisher bekannte Maß insofern hinausgehen sollen, als sie eine intuitiveres Lernen ermöglichen könnten. Die Keyboards wurden über Kickstarter zur Vorfinanzierung angeboten. Diese Idee hat mich interessiert, und so habe ich 2 dieser Keyboards, die den Namen Lumi tragen, finanziert.

2 modulare Keyboards Lumi mit Leuchttasten

Nachdem die Lumis dann auch offiziell zu kaufen waren, erfuhr die geneigte Öffentlichkeit Schritt für Schritt, dass diese Keyboards sogar MPE-fähig sind. Das hat mich geärgert, denn ich verstand diese Nachricht so, dass erst die nun neuen Lumis mit diesen Features ausgsestattet waren. Dabei war nur eine ungeschickte Informationspolitik von Roli. Denn die neuen Features wurden per Update des Betriebssystems nachgereicht.

Nun gibt es mit den Lumis also einen weiteren Mitstreiter auf dem Weg der Keyvolution. Aber Roli hat sich bei diesen modularen Keyboards keine patentwürdige neue Technologie ausgedacht. Im Wesentlichen ging es Roli wohl darum, auf dem Markt der Musik-Lern-Apps zu partizipieren. Die MPE-Integration schien diesmal nicht wirklich wichtig zu sein. Somit muss kann man Lumi eher als ein Spielzeug, denn als Werkzeug einstufen. Natürlich hat das Spielzeug durchaus seine Berechtigung, wenn es mich nämlich zu spielerischem Lernen animiert. Und selbstverständlich muss man Einschränkungen hinnehmen, wenn man meint, sein Klavier mobil mitnehmen zu müssen. Doch mir geht es darum, den qualitativ wesentlichen Unterschied anzusprechen, der vor allem für Klavierspieler innerhalb der Keyvolution ausschlaggebend ist: Die Spielart und das Spielgefühl der neuen Digitalpianos als Qualitätsmerkmal.

Modulares MPE-Keyboard Lumi mit Blocks

Das Tastenspiel integriert die Gestik

Anstatt das Spielgefühl der kurzen Tasten deutlich zu verbessern, ist man bei Roli mit der Nase an zeitgemäßen Entwicklungen auf die Idee gekommen, die Klangsteuerung mittels Gesten in eine neue Dimension zu erheben. Die aus den virtuellen Brillen Meta Quest oder Apple Vision Pro bekannte Technik des Handtrackings mittels Kameras und dynamischer Bildanalyse steht auf einmal vor Ihrem Keyboard, filmt Ihre Hände mit Infrarotkameras, analysiert die Bewegungen und definiert diese als bestimmte Gesten. Diese Gesten werden über die Software mit verschiedenen Klangeigenschaften verbunden. Und völlig überraschend wird das Schauspiel, was manche vor allem klassische Pianisten als besonderes Leistungsmerkmal praktizieren, jetzt unmittelbar hörbar. Man kann sich leicht vorstellen, dass die so erzeugten Effekte ganz schnell zu Highlights der Musik werden. Diesen neuen Zauber der Musik nennt Roli AirWave.

Nein, Roli hat das alles nicht erfunden. Zu AirWave gab es schon Vorläufer wie z.B. den Theremin. Davon gab es schon einige interessante Varianten. Im folgenden Video sehen Sie den Computerwissenschaftler Gerhard Widmer, der mittels eines entsprechend programmierten Theremin über Handbewegung die Einspielung des bereits verstorbenen Chopin-Interpreten Nikita Magaloff am Computerflügel CEUS von Bösendorfer mit Handbewegungen steuert.

Der Ring Enhancia Neova wurde von französischen Studenten entwickelt und dann von dem japanischen Konzern Roland in den Vertrieb genommen. Der Ring konnte schon mit bis zu 3 Gesten umgehen.

Neu ist dagegen die Verbindung mit dem Handtracking. Unter dem folgenden Link bekommen Sie einen ganzes Set, mit dem Sie gleich mit Handtracking loslegen können. Doch auch das hat Roli nicht erfunden. Diese Technologie wird jedermann als eine Bibliothek namens MediaPipe von Google angeboten. Das Erstaunliche ist demnach, warum sich nicht schon früher und vermehrt andere an dem auf der Straße liegenden Know-How bedient haben.

Kennen Sie schon Datenhandschuhe? Haben Sie schon mal etwas von den MiMU Gloves gehört? Das System dieser Datenhandschuhe ist flexibel einsetzbar. Unter anderem kann man den vorgegeben Klang aufnehmen und mittels Gesten transferieren. Stellen Sie sich das mal an unserem Akustikpiano vor! Na und jetzt werden Sie staunen. Denn genau das ist längst passiert. Raten Sie mal in welchem Land. In Deutschland! Ralf Schmid ist seit 2002 Musikprofessor in Freiburg und unterstützte seine Studenten im Finden zeitgemäßer Kombinationen zwischen dem Altbekannten und neuen Technologien. Über das Projekt Pyanook positioniert er sich als Piano Futurist.

So schließt sich der Kreis in Form unserer kurzen Rundreise über außergewöhnliche Technologien in Verbindung mit der Musik im Vorfeld zu den Entwicklungen, die jetzt stattfinden und die die Zukunft der Musik prägen werden. Kehren wir also wieder zurück zur aktuellen Modellen von Keyboards mit einer verbesserten Spielart sowie mit den neuen Eigenschaften des ausdrucksstarken Spiels, die der Musiker direkt in die Finger im Kontakt zur Taste bekommt. Gehen wir ganz an den Anfang zurück, den Ursprung des uns heute bekannten guten Spielgefühls, zur Taste in unseren Akustikpianos.

Die wahre Tastenlänge der Klaviertasten

Am Klavier bekomme ich bislang das mir angenehmste Spielgefühl, sagen die Klavierspieler im Allgemeinen. Plappern sie einfach nur eine Behauptung nach, oder hat das einen wahren Grund? Nun, der gute Grund ist die Tatsache, dass man beim Akustikpiano Tasten als Hebel für die Gewichte der Klaviermechanik bewegt. Das sind so genannte authentische Bewegungen, da wir als Kleinkinder unsere ersten Erfahrungen in der Welt gemacht haben, indem wir uns genau dieses Kraftmuster angeeignet haben, nämlich Gewichte im Schwerkraftfeld der Erde zu bewegen. Ist alles richtig eingestellt, bekomme ich eine gute Spielart und damit verbunden löst das beim Klavierspieler ein angenehmes Spielgefühl aus, das wiederum die Basis für eine gefühlvolle und ausdrucksstarke Performance ist.

Doch die Bauweise des Klaviers täuscht uns optisch. Denn die sichtbare Tastenlänge ist nicht identisch mit der wahren Tastenlänge. Die Länge einer Taste bleibt uns verborgen. Lediglich die von unseren Fingern berührbare Bedienoberfläche ist für uns sichtbar. Diese definieren wir als Taste. Die volle Länge der Taste und deren Funktion als Hebel unter dem Spielwerk, das für jeden der 88. Töne eine eigene Tonerzeugungsmechanik bereitstellt, ist beim Klavier und Flügel hinter einem Klangmöbel versteckt. Dieses Möbel stellt kein hinterhältiges Versteckspiel der Klavierbauer das. Nein, das Möbel, das man auch Umbau nennt, da es den Klangkörper nach vorne und zur Seite hin bedeckt, hat sich in der Hochzeit des Klavierspiels, also um 1900 entwickelt. Schließlich war Klavier nicht einfach ein Musikinstrument. Das Klavierspiel wurde benutzt, um sich als guter Bürger zu kultivieren. Das Ziel der hochwertigen Verpackung bestand darin, das Pianoforte im Lebensraum der gutbürgerlichen Gesellschaft zu positionieren. So kam es, dass die alten Klaviere in ein wunderbar verziertes Möbel verpackt waren. Diese Klangmöbel standen im zentralen Wohnraum an einer Stelle, die man sofort sehen konnte, wenn man den Raum betrat. Denn das Pianoforte ist seit über 100 Jahren eine Art Kulturvisitenkarte.

Exkurs: Über diesen längst vergangenen Mehrwert-Status verkauft man Ihnen bis heute teure Klaviere und Flügel. Gleichzeitig verheimlicht man Ihnen ganz bewusst, dass der Klaviermarkt zusammenbricht, da der Klaviermarkt gesättigt ist und die Lebensdauer der Pianos bei weit über 100 Jahren liegt. Die Veränderung auf dem Markt kann man zwar bei genauem Hinsehen selbst feststellen, da es lokal kaum noch Klaviergeschäfte gibt. Doch man tröstet sich mit einem allgemeinen Trend, denn der Kauf ist ja weiterhin überregional über das Internet möglich. Dabei übersieht man aber, dass heute keiner der überregional agierenden Händler den Service für die von ihm verkauften Instrumente abdecken kann. Wie schon festgestellt, bestehen aber regional kaum noch Klavierhändler, und falls doch, bieten auch die schon längst keinen Service mehr an, und so finden Sie schon in ganzen Landkreisen keinen Klavierstimmer mehr. Sie finanzieren mit Ihrem hart verdienten Geld also Händler, die ohne seriöse Basis ihr Geschäft betreiben. Apropos Basis: Der Klavierhändler wird vom Hersteller mit einer Gewinnspanne von bis zu 50 Prozent belohnt. Wofür eigentlich? Dafür, dass der Händler nach dem Verkauf den Service für die Instrumente zu bezahlbaren Preisen übernimmmt, die einen regelmäßigen Service benötigen. Der vom Händler unabhängige Service, ist an diese Preisregeln mangels Vorauszahlungen in Form einer Verkaufsbeteiligung nicht gebunden. Vielmehr kassiert der Händler die Beteiligung und mailt dann einen Kollegen mit der Bitte an, den Service für das in seine Region verkaufte Instrument zu übernehmen. Als Lösung zu diesem Dilemma bietet Ihnen die Klavierstimmerei Praeludio an, das Sie lernen, Ihr Klavier selber zu stimmen. Informieren Sie sich über das Praktikum Selberstimmen.

Fortsetzung: Der Hebel der Taste und somit die volle Tastenlänge entscheiden über die emotionale Qualität des Klavierspiels. Die Tastenlänge ist nämlich die Voraussetzung für ein differenziertes Anspielen der Gefühle. Der Hebel unter der Klaviermechanik, den wir Taste nennen, ist daher bei guten Klavieren länger als bei preiswerten Kleinklavieren. Beim Flügel sind sie länger als im Klavier, und die längsten Tasten hat der Konzertflügel.

Ganz- und Halbton auf einer Klaviatur

Als sich Bösendorfer 2007 dafür entschied, sich von Yamaha übernehmen zu lassen, glaubten viele, dass sei der Anfang für den qualitativen Ausverkauf der einstmal großen Marke aus Österreich. Daher war es ein kluger Schachzug der Japaner, als erstes einen neuen 2m-Flügel von Bösendorfer auf den Markt zu bringen, der mit den langen Tasten der Klaviatur des Konzertflügels (290 cm, 280 cm) bestückt wurde. Das heißt, die neue Geschäftsführung ließ einen Flügel konzipieren, der mit 2 Metern Klangkörper die Voraussetzung für einen ausgezeichneten Klang erfüllt, und mit der Klaviatur für die großen Konzertflügel ausgestattet das optimale Spiel auf Konzertniveau erlaubt. Damit lieferten die Japaner einen nachhaltigen Beweis, dass sie durchaus an der Entwicklung von Qualität interessiert sind.

Wenn sich Keyboard-Hertsteller in der Werbung damit rühmen, dass ihre Tasten in der Breite, Länge und Tastentiefgang den Originalmaßen von Klaviertasten entsprechen, dann bezieht man sich bei dem elementaren Kriterium der Länge lediglich auf die sichtbare Länge der Klaviertasten.

Die sichtbare Tastenlänge am Klavier

Doch erst wenn man beim aufrecht stehenden Klavier den Oberrahmen und die Tastenklappe entfernt, bekommt man die Tasten in ihrer ganzen Länge zu sehen. Und jetzt sieht man auch, was am Ende der Taste geschieht: Ein relativ komplexe Mechanik wird bewegt, an deren Ende ein befilzter Klavierhammer gegen Saiten schlägt, wodurch der Ton erzeugt wird.

Hinsichtlich des Spielgefühls in Abhängigkeit von der Länge der Tasten muss man daher unterscheiden:

  • Beim Seaboard habe ich keine Tasten, sondern eine Oberfläche aus Silikon mit Wellenformen, den so genannten Keywaves, und somit genau genommen mangels etwas zu Bewegenden auch Null Spielgefühl.
  • Bei den Digitalpianos mit einer Art von Hammermechanik bekomme ich in Verbindung mit kurzen Tasten und einem integrierten Mechanismus ein Klavier-ähnliches Spielgefühl. Die in die Taste integrierten Mechanismen dienen ausschließlich dem Erzeugen eines hochwertigeren Spielgefühls. Ansonsten haben sie keinerlei Funktion!
  • Erst beim Akustikpiano mit langen Tasten, die in der Mitte aufgehängt sind, und somit zu einem Hebel als Wippe werden, bekomme ich in Verbindung mit einer echten Hammermechanik am Ende der Taste die volle Qualität einer Authentischen Bewegung sowie deren volle Funktionalität zum Erzeugen des Tons. Die Qualität unterscheidet sich zwischen Klavieren und Flügeln noch einmal durch die Länge der Tasten sowie die Notwendigkeit, wie beim aufrecht stehenden Klavier beim Herunterdrücken der Tasten Federkräfte der Dämpfer überwinden zu müssen. Umso geringer die Widerstände im Ablauf sind, desto differenzierter gelingt die Kraftübertragung über die Taste auf das Spielwerk. Das sind die Qualitätskriterien für die Spielart eines Tasteninstruments.
Die ganze Tastenlänge einer Klaviertaste

Daher plädiere ich z.B. beim Transparent-Piano für einen durchsichtigen Oberrahmen und eine ebenso durchsichtige Hintertastenklappe, damit man beim Klavierspiel die Reichweite seiner Finger sieht. Von Sportarten mit einem Schläger wissen wir, dass der Schläger als Teil des Körpers in den Bewegungsplan integriert und gespeichert wird. Das Gleiche würde beim Klavierspiel geschehen, wenn man eben die wahre Reichweite seiner Finger, also die volle Länge der Taste inklusive des Spielwerks an deren Ende sehen könnte. Folglich gehe ich davon aus, dass sich andere, noch sensiblere Klavierspieler über diese Herangehensweise entwickeln würden, wenn man nämlich zusätzlich zu dem akustischen Ereignis auch die visuelle Dimension der analogen Tonerzeugung zulassen würde.

Transparenter Oberrahmen mit LED im Klavier

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch einmal auf die bislang beste Lösung der Kombination aus optimalen Spielgefühl und voller Funktionalität der Tonerzeugung in einem Digitalen Hybridpiano hingewiesen. Sie erinnern sich an das Modell Studio von Alpha Pianos. Hier bekommen Sie eine echte Flügelmechanik mit Filzhammerköpfen geboten, die am Ende nicht gegen Saiten, sondern gegen elastische Zungen aus Kunststoff mit einem vergleichbaren Widerstand wie Saiten schlagen. In diesen Kunststoffzungen sind Sensoren integriert, die die Anschlagsintensität messen, und dann entsprechende Samples abgerufen werden. Das ist die bereits technisch realisierte Basis bestehend aus Spielgefühl UND Funktion. Darauf kann die weitere Keyvolution (insbesondere des Akustischen Hybridpianos) im Sinne einer Erweiterung der Funktionalität aufbauen.

Im Modell Studion von Alpha Pianos steckt eine Flügelmechanik. Deren Hämmer schlagen gegen Kunststoffzungen mit integrierten Sensoren.

Bei den beiden erst genannten Beispielen der neuen Kategorie der Sensorpianos ist die gesamte Tastenlänge am Keyboard identisch mit der sichtbaren Tastenlänge am Klavier. Das KANN unmöglich eine ähnliche Spielqualität liefern. Dass ein Unterschied selbst bei den Digitalpianos erwünscht und offensichtlich auch möglich ist, sieht man dem Synthesizer Osmose auf den Screenshots von Bildern auf der Homepage sofort an.

Diese positive Entwicklung bei den Digitalpianos könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich die Digitalpiano-Hersteller die Spielart und das damit verbundene Spielgefühl unter dem Aspekt des Mehrwerts im Vergleich zum diesbezüglich angenehmeren Akustikpiano noch einmal genauer angeschaut haben. Hatte man bislang so genannte Hammer-Anschlags-Modelle beim Digitalpiano direkt in die kurze Taste integriert,

so war man nun beim Digitalen Hybridpiano als Konsequenz der vollständigen Transformation des Akustikpianos zu Gunsten des Mehrwerts des vergleichsweise besseren Spielgefühls bereit, den großen Schritt hin zur Integration einer echten Klaviermechanik auf der Taste zu gehen. Bei den reinen Digitalpianos hat sich durch die Integration der Sensoren auf der Hardwareseite sowie des neuen, umfassenden Software-Standards für Ausdruck, MIDI Polyphonic Expression, MPE, auch etwas Wesentliches verändert. Denn die Tasten wurden deutlich länger als eben die sichtbare Bedienoberfläche der Klaviertaste, die es bislang zu kopieren genügte. Mit den längeren Tasten bekommen die Finger auf den Sensorflächen echten Spielraum. Die alte Definition für das Klavierspiel, dass man nämlich die Tasten streichelt, wird auf diesen Sensorpianos erst zu echtem Leben erweckt. Denn in Zukunft kann man diese Streichelbewegung in hörbare Effektgestaltung als Mittel des musikalischen Ausdrucks verwandeln. Die Magie der Musik und somit die Wirkung der Musik wird noch stärker werden. Gleichsam als eine akzeptable Nebenwirkung verbessern sich über die längeren Tasten die Spielart und das Spielgefühl am Digitalpiano.

Klaviatur des Synthesizers Osmose von der Seite Klaviatur des Osmose-Synth schräg seitlich

Der damit verbundene qualitative Unterschied überträgt sich auf den Betrachter ganz ohne Worte. Das mPiano verschlägt einem gar für einen Moment die Sprache, da der Atem ins Stocken gerät, wenn man das erste Mal die Homepage von alpha-pianos.com besucht und auf der Startseite nach unten scrollend das mPiano entdeckt...

Mpiano mit einer Klaviatur in revolutionärem Design

Synthesizer Osmose mit neuer MPE-Klaviatur auf Basis der Eaganmatrix

Nachdem die französische Firma Expressive-E mit Touché in den MPE-Markt geschnuppert hat, will man nun diesen Weg eine Nummer größer fortführen. Geplant ist ein Synthesizer. Er trägt den Namen Osmose. Für diesen will man eine völlig neue Klaviatur erfinden. Dazu hat man Edmund Eagan von Haken Audio zur Kooperation eingeladen. Eagan will seine Soundengine, die Eaganmatrix beisteuern.

Von Anfang an verwies Expressive-E darauf, dass man nicht den vollen Umfang der MPE-Eigenschaften abdecken wird. Das schmälerte zumindest bei mir die Vorfreude. Nach und nach kamen erste Videos von Prototypen in die Öffentlichkeit. Der Eindruck war gut, aber noch nicht atemberaubend. Erst im März 2021 erschien das erste Promotionvideo mit völlig neuen Features. Und nun bin ich mir sicher, dass der Zug der Keyvolution nicht nur fährt, sondern dass er deutlich an Geschwindigkeit zulegen wird!

Lassen Sie sich begeistern von der folgenden Einführung in die Geheimnisse der neuen Spielweise auf der MPE-Klaviatur des Osmose-Synthesizers. Der Musiker Jordan Rudess präsentiert Ihnen seine Erfahrungen und er beginnt mit der Invention Nr. 4 von Johann Sebastian Bach. Dabei bezieht er sich mit seiner Spielweise und den neuen Möglichkeiten dank MPE ausdrücklich auf Bach. Sehen und hören Sie dieses äußerst interessante Tutorial:

Die Schlussfolgerung aus diesem ausgezeichneten Video mit Beispielen der neuen und vielfältigen Spielweisen auf den MPE-Klaviaturen lautet: Funktion schlägt Ökonomie und Spielgefühl! Das heißt: Die Vielfalt der neuen Spielweisen, die unter anderem auch das Impuls-Spiel am Akustikpiano abdecken, lassen vermuten, dass wir nicht lange das ökonomische Spielgefühl eines Akustikpianos vermissen werden. Stattdessen ist zu erwarten, dass wir die neuen Möglichkeiten begeistert begrüßen, um darüber das Spektrum unseres musikalischen Ausdrucks zu erweitern, sowie vor allem um dem Gefühl mehr Raum zu geben, und das heißt konkret, den musikalischen Ausdruck durch mehr Tiefe zu intensivieren. Mit anderen Worten: Die Musiksprache wird über die Erweiterung von einer auf viele Spielweisen deutlich an Effizienz gewinnen. Die neue Bedienoberfläche verspricht eine spannende Entdeckungsreise. Ein Traum wird wahr, wenn aus dem roboterhaften Techniktrainig am Instrument, für das man sogar stumme Klaviaturen entwickelt hat, wieder ein sinnliches Abenteuer wird!

Das Design des mPiano verführt zum Tasten

Sie erinnern sich vielleicht an das MPiano. Es betrat zuerst als Mechatronik-Piano die Bühne. Es versprach ein interessanter Beitrag zur Entwicklung und Optimierung der Spielweise zu sein. Leider ist die Realisierung an der Finanzierung gescheitert. Nun nimmt der Entwickler Mario Aiwasian einen neuen Anlauf und hat das MPiano neu gestaltet. Das fällt auf den ersten Blick überhaut nicht auf. Alles scheint wie vorher geblieben zu sein.

Das mPiano ist im Kern exakt das, was ein Klavier sein soll, nämlich eine Klaviatur als Bedienoberfläche für gleichzeitig komplexes wie gefühlvolles Musizieren. Die Klaviatur des MPianos hat es aber in sich. Das sieht man zum einen sofort an der Länge der Tasten. Ursprünglich hatten die Tasten trotz ihrer Länge lediglich die für alle Tasteninstrumente vermutlich durch Normen definierte Bedienoberfläche von ein paar Zentimetern am Anfang der Tasten.

Tasten des Mechatronikpianos

Nun aber wurden die Halbtöne so verändert, dass sie nach diesen paar Zentimetern fließend auslaufen, die beschränkte Bedienoberfläche also auf die gesamte Länge der Taste ausgedehnt worden ist.

Mpiano mit neuem Tasten-Design

Geht man davon aus, dass beim mPiano die gesamte Tastenoberfläche mit Sensoren ausgestattet ist, bietet diese gigantische Spielfläche auslaufenden Tasten-Streichel-Bewegungen einen total sinnlichen Raum an. Das ist Verführung pur - wenn nämlich nicht nur Streichelbewegungen stattfinden, die in uns das Hormon Oxytocin produziern, uns also merklich sensibilisieren und dabei gleichzeitig Klangveränderungen zu hören sind, die durch diese Streichelbewegungen ausgelöst worden sind. Wenn sich also unsere innere Biologie der Emotionen 1:1 in Soundgestaltung hörbar umsetzen lässt, dann ist das der pure Wahnsinn!

Wahnsinnig könnte einen jedoch erneut das Marketing von Alpha-Pianos machen. Nachdem man nun von Österreich nach Norwegen umgezogen ist, hat man zwar einen großartigen Designentwurf geleistet. Aber es ist völlig unklar, wann das mPiano endlich seine Marktreife erlangt und zu welchen Preisen es verfügbar sein wird. Vorstellbar ist, dass ein durchaus kluger Weitblick vorschnelles Handeln verhindert, da nämlich die Pandemie 2019 für einen sensationellen Neustart ein denkbar ungeeigneter Zeitpunkt war.

Das Continuum Fingerboard bietet das grenzenlose Tasten

Wir stehen vor einer roten Fläche aus Neopren. Nur noch Länge, Breite und schwarze Linien erinnern an eine Klaviatur. Unter der sichtbaren Oberfläche befindet sich eine geniale Erfindung, die höchste Sensivität erlaubt. Die Bedienoberfläche wird alle 330 Millisekunden auf Veränderungen hin gescannt. Sie ist nahtlos mit der neu entwickelten Soundengine verbunden. Jede Bewegung auf dem Neopren wird also dreidimensional vermessen und polyphon umgesetzt. Willkommen beim Continuum Fingerboard! Das ist genau genommen die Aktualisierung der Vision Leonardo da Vincis von 1470, des Streichklaviers, auf dem technischen Stand unserer Zeit.

Continuum Fingerboard Bedienoberfläche

Lassen Sie mich den Sounddesigner und Komponist von Filmmusik, Josh Madoff, Ihnen das Continuum vorstellen:

Vermutlich sind auch Sie erstaunt über die Vielfalt und Tiefe der Möglichkeiten, die uns das neue Musikinstrument Continuum Fingerboard bietet. Um Innovationen nachvollziehen und im Idealfall einen Transfer zu ermöglichen, müssen wir also fragen: Wie kam es zu dieser genialen Erfindung?

Der Erfinder ist der in München geborene Lippold Haken. An seinem Geburtstag, dem 12. April 1961, wurde mit Juri Gagarin der erste Mensch ins Weltall geschossen. Als Folge davon versuchten die USA mehr deutsche Wissenschaftler abzuwerben, als es die Russen schon gemacht hatten. So kam Lippolds Vater als Mathematiker an die Universität in Illinois, wo er als Professor unterrichtete und forschte. Lippold Haken wuchs dementsprechend in einem technikaffinen Umfeld auf. Als Kind war Lippold ein braver Geigenschüler. Später studierte er Elektrotechnik. Lippold Haken wurde wie sein Vater ein Forschender und er engagierte sich erfolgreich in den Bereichen Echtzeit-Computer-Musiksysteme, Musiknotation für Blinde sowie Analyse, Synthese und Verarbeitung von Klängen. Auf dieser Grundlage entstand das neue Musikinstrument Continuum Fingerboard.

Schaut man sich den Werdegang von Dr. Lippold Haken genauer an, so stößt man auf eine Vielzahl an Themen, deren Tiefe und das heute darüber verfügbare Wissen einen beinahe schockiert. Wussten Sie, dass es für Computer nicht nur die GPU, also den Grafikprozessor, sondern auch einen Audioprozessor, eine APU, gibt? So ein Prozessor ist im Continuum integriert und Teil seines erstaunlichen Leistungsspektrums. Wenn Sie sich die Zeit nehmen, das Video auf der Seite des letzen Links zum Audioprozessor anzuschauen, wird das wahrscheinlich auch ihren Horizont erweitern. Falls Sie daran interessiert sind, zum Thema Audioverarbeitung mehr Informationen zu erhalten, dann finden Sie diese bei Haken-Audio auf der Seite über die Tongestaltung, auf der Sie nachvollziehen können, wie vielfältig und tiefgehend sich Lippold Haken in die einzelnen Forschungsthemen eingebracht hat.

Doch das heute verfügbare Continuum Fingerboard ist nicht nicht die Leistung eines einzelnen, sondern Teamwork. Den Anfang legte breits in den frühen 80er Jahren Lippold Haken und somit lange bevor MIDI Polyphonic Expression (MPE) zum Standard für die umfassenden Möglichkeiten des musikalischen Ausdrucks von MIDI 2.0 wurde. Das erste Continuum Fingerboard kaufte 1999 der erfolgreiche Sounddesigner Edward Eagan. Schon bald kam es zu Kontakt zwischen den beiden und zur Kooperation. Edward Eagan entwickelte für das Continuum die sogenannte Eagan Matrix als Basis der Echtzeit-Soundengine im Continuum.

Das Haken-Team wird ergänzt durch den Franzosen Christopher Duquesne. Christophers beruflicher Weg wird von großen Namen begleitet. Er wirkte mit bei der Entwicklung des Jun-6 und JX8P von Roland, dem SY77 von Yamaha, bis hin zur Eagan Matrix. Er studierte Elektrotechnik, arbeitete danach als Softwareentwickler und Systemarchitekt und ist seit über 30 Jahren engagiert als Spezialist für die Physikalische Modellierung in der Klangsynthese. Darüber hinaus hat Christopher Duquesne seinen Blick fürs Ganze behalten. Er steht hinter dem Projekt La Voix du Luthier. Als erster hat er den Trend aufgegriffen, die neue Lautsprechertechnologie der Flächenlautsprecher in akustische Resonatoren aus Holz speziell für elektronische Instrumente zu formen. Über derartige Projekte bekommen Sie einen Ausblick darauf, wie viel Qualität wir in Zukunft von der elektronisch und digital erzeugten Musik erwarten können. Sie können diese Klangmöbel, die gleichzeitig einen besseren Hörgenuss versprechen, sowie das Ambiente Ihres Musikzimmers wesentlich aufwerten, direkt bei der Stimme der Saiteninstrumentebauer (La Voix du Luthier) bestellen.

Onde, Akustischer Resonator von La Voix du Luthier

Edward Eagan sowie Christopher Duquesne sind darüber hinaus aktiv an der Entwicklung des äußerst erfolgreichen Osmose Synthesizers beteiligt, in dem zum ersten Mal echte Tasten mit einem angenehmen Spielgefühl ein weites Spektrum der Möglichkeiten des musikalischen Ausdrucks ermöglichen. Insgesamt kann man feststellen, dass die hier genannten Themen exakt die Technologien darstellen, über die die Zukunft einer neuen, äußerst sensiblen und emotional tiefgehenden Musik gestaltet wird. Das Musizieren wird aufgrund der haptisch effizienten Bedienoberflächen zu einem geradezu sinnlichen Prozess, der multisensorisch wirksam ist, wenn eindrucksvolle klangliche Gebilde aus feinsten Fingerbewegungen entstehen. Auf dieser Basis kann man die Musik noch einmal ganz neu entdecken und vielfältigst erleben.